
Zum byzantinischen Bilderstreit
Der Ikonoklasmus des byzantinischen Bilderstreits war geprägt durch leidenschaftlich geführte theologischen Debatten. Sowohl die orthodox-katholische Kirche als auch das byzantinische Kaiserhaus rangen im Zeitfenster des 8. und 9. Jahrhunderts mit der Frage, ob religiöse Bilder Verehrung genießen dürfen, inwiefern figurale Kunst im Kirchengebäude prinzipiell angebracht ist. Die beiden Kontrahenten bezeichnet die Kirchengeschichte retrospektiv als Ikonoklasten (Ikonenzerstörer) und Ikonodulen (Ikonenverehrer). Über den casus belli, der bis zur Zerstörung wertvoller Ikonen führte, wird bis heute debattiert, wobei spezielle Thesen in den Fokus rücken – von islamischer Einflussnahme über das mosaische Gebot „Du sollst dir kein Gottesbild machen“ bis hin zu persönlichen Motiven byzantinischer Kaiser. In einer der bedeutendsten Handschriften aus Byzanz, dem Chludow-Psalter, thematisieren Illustratoren auf polemische Weise die Leidenschaft im Kampf der Ikonoklasten gegen die Ikonodulen. Einzigartig ist hierbei die Verquickung von politischer Auseinandersetzung und liturgischem Textbuch, der Einsatz der Karikatur als Stilform. Das Pergament veranschaulicht Psalm 69,22 in Verbindung mit der Passion Christi: „Sie gaben mir Gift zu essen, für den Durst reichten sie mir Essig.“ Dabei parallelisiert der Codex den Soldaten, der Christus auf einer Stange Essig anbietet, mit dem letzten Inkonoklasten-Patriarchen von Konstantinopel. Johannes VII. Grammatikos benützt analog zum Soldaten eine Stange, um das Christusbild auszulöschen. Sein unordentliches, wildes Äußeres soll zusätzlich den barbarischen Akt betonen.
Die hier vorliegende Arbeit von Ing. Lukas Albert widmet sich einem Aufriss dieser Kontroverse, dessen Auswüchse mit dem 7. Ökumenischen Konzil von Nikaia (787) keineswegs zum Erliegen gekommen sind.

