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Orthodoxer Seitenblick
John Whitefords Traktat zum reformatorischen Schriftprinzip umfasst in seiner Prägnanz eine gut lesbare historisch-theologische Analyse aus orthodoxem Blickwinkel. Bevor Father John zum Erzpriester in Houston (Texas) geweiht wurde, wirkte er als Pastor in einer reformierten Nazarener-Gemeinde. Nach eigenen Angaben führten ihn die Studien der Religionswissenschaft zur Konversion, nachdem er in Folge seines Engagements für die „Pro-Life-Bewegung“ erstmals Kontakt zu orthodoxen Gemeindemitgliedern geknüpft hatte. Whitefords Kenntnis umfasst somit zwei konfessionelle Perspektiven. Ihre Gegensätzlichkeit erläutert der Geistliche in zwei Paragraphen. Der erste Teil (20-65) beleuchtet die Problematik des protestantischen Zugangs zur Exegese im Hinblick auf den fehlenden Bezug zur gesamtkirchlichen Tradition. Weder eine wortwörtliche Auslegung, noch der Versvergleich im Kontext können die…
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Zankapfel der Konfessionen
Der reformierte Hagiograph Walter Nigg titulierte das schweizerische Nationalidol Niklaus von Flüe als „Zankapfel der Konfessionen“ und demonstriert damit dessen Vehikelfunktion religiös-politischer Überzeugungen. Fritz Gloor erhebt im vorliegenden Band keinen Anspruch auf eine historische Biographie, vielmehr beleuchtet der reformierte Theologe die 500-jährige Rezeptions- und Wirkungsgeschichte des Mystikers aus reformierter Perspektive. Dabei erhellen sich die konfessionellen Deutungsmuster jenseits der Glaubensgrenzen, die Bruder Klaus entweder als katholischen Heiligen oder als zivilreligiösen Visionär ins Rampenlicht stellen. Beginnend mit der Reformation bis ins 20. Jahrhundert sollte das Wasserzeichen des jeweiligen Bruder-Klaus-Bildnisses von der konfessionellen Zweiteilung der Eidgenossenschaft aufgeprägt werden. Dies hatte zur Folge, dass der Einsiedler vom Ranft katholischerseits als eucharistischer Heiliger, Prophet und…