-
Keineswegs bloßes Wünschen
Erste Früchte an literarischer Produktivität während der Corona-Krise sind inzwischen soweit gediehen, dass sie sich ernten lassen, so auch dieses Buch. Eigentlich hätte Jean-Claude Wolf, emeritierter Professor für Ethik und politische Philosophie an der Universität Fribourg, einen Vortrag für ein Symposium zum Thema Gebet vorbereitet, doch dann kam der Lockdown dazwischen. Aus dem Kolloquium entstand ein Büchlein mit 138 Seiten, das zu einem Parforceritt durch eine Gebetsphilosophie ansetzt. Die Kapitel sind etwas lose zusammengesetzt, wozu der konzipierte Vortragsstil wohl das Seinige beitrug. Wolf beginnt mit Gedanken des dialogischen Religionsphilosophen Martin Buber, der für die philosophische Verächtlichmachung des Gebetsgeschehens den Amsterdamer Freigeist Spinoza im 17. Jahrhundert ausmacht. Dessen System lässt nur…
-
Guardini als Antipode Friedrich Nietzsches?
Die übersichtlich strukturierte und gut lesbare Arbeit von Albrecht Voigt zeugt von intensiver Auseinandersetzung mit den Werken von Friedrich Nietzsche und Romano Guardini. Auch die breite Sekundärliteratur zu beiden Autoren wurde kenntnisreich einbezogen. Die für Guardini zentrale Lehre des Gegensatzes (seit der Schrift „Der Gegensatz. Versuche zu einer Philosophie des Lebendig-Konkreten“, Potsdam 1925) wird philosophisch auch bei Nietzsche diagnostiziert, wo er sich widersprüchlich in Nihilismus und Übermenschentum ausfaltet. Die Gegensatzlehre Guardinis wird beschrieben bis zum Gegensatz von nordischem und südländischem Denken. Beider Autoren Mystik von Gegensätzen wird mit Bezug auf die Nietzsche-Rezipientin Madeleine Sémer und der Deutung Henri de Lubacs geschildert. Guardinis ausführlich behandelte Anthropologie „Welt und Person“ (1940) setzt…
-
Metaphysik – Einführung in die Königsdisziplin der Philosophie
Metaphysik ist nicht nur eine Teildisziplin der Philosophie, sie ist, dem Autor zufolge, gar die „Königsdisziplin der Philosophie“. Zu ihrem Namen kam sie auf eher unspektakuläre Weise. Denn ursprünglich bezeichnete dieser gar keine philosophische Disziplin, sondern Schriften des antiken Philosophen Aristoteles, die seinem Hauptwerk, der Physik, nachgeordnet waren. Diese Ordnung geht allerdings nicht auf Aristoteles selbst zurück, sondern auf einen gewissen Andronikos von Rhodos, der die Schriften des Aristoteles im ersten Jahrhundert vor Christus ordnete. Jene Schriften, die nach der Physik entstanden, bezeichnete der Grieche Andronikos einfach als „meta ta physika“, was auf Deutsch so viel bedeutet, wie „nach der Physik“. Jenen Titel, Metaphysik, trägt auch der zweite Band aus…
-
Einführung in die Philosophie der Scholastik
Philosophia ancilla theologiae – Die Philosophie ist die Magd der Theologie Wenngleich dieser Satz nicht wortwörtlich bei einem der einflussreichsten Geistlichen des 11. Jahrhunderts zu finden ist, seinem Inhalt gemäß wird er dennoch dem italienischen Bischof und Kirchenlehrer Petrus Damiani (ca. 1006 – 1072) zugeschrieben. Diese Phrase demonstriert, welche wesentliche Bedeutung die Philosophie für die Wissenschaft der Theologie hat, bedient sich diese doch oftmals bestimmter Begrifflichkeiten der Philosophie, wie beispielsweise jene der „Transsubstantiation“, der „Form“ oder auch der „Materie“. Der aristotelisch-scholastischen Philosophie, welche im heiligen Thomas von Aquin (1225 – 1274) einen ihrer Hauptvertreter hat, kommt ein besonderes Gewicht zu. Dies kann beispielsweise dadurch gezeigt werden, dass auf dem ökumenischen…