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Noli me tangere
Jean-Luc Nancys Denken steht in der Tradition der Dekonstruktion und Phänomenologie. Auf Basis dieser Deutefolie analysiert der französische Philosoph die österliche Begegnung zwischen Maria von Magdala und dem Auferstandenen (Joh 20,11-18) und fokussiert diese Szenerie, die sonst abseits kanonischer Bilderzyklen ein paradoxes Schattendasein fristet. Im Zentrum des philologischen Essays steht das doppeldeutige Berührungsverbot Christi gegenüber Maria Magdalena in seiner ganzen Widersprüchlichkeit. Wenngleich die christliche Religion im Kern eine „Theologie des Leibes“ ist, eine „Religion des Berührens“ (22), frondiert sich der Herr gegen den haptischen Versuch Mariens. Nancy untermauert seine linguistische Interpretation mit weitblickenden Quellen aus Literatur und Kunst (Rembrandt, Tizian, Dürer) und führt dem Leser dadurch die Spannung zwischen Tod…
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Das Kreuz im Licht von Poesie und Exegese
Die biblischen Schriften tragen den Keim der Liebe Gottes in sich und bekunden die capax Dei, die Gottfähigkeit des Menschen. Diese Zuneigung menschlich erfahrbar zu machen, den persönlichen Zweifel und zugleich die ansteckende Großzügigkeit Gottes nicht aus den Augen zu verlieren, ist das „Wagnis des Christen“ (Johannes Messner). Klaus Berger darf für seine leidenschaftliche und fundierte Exegese im deutschsprachigen Raum als der führende Neutestamentler betitelt werden. Gemeinsam mit dem evangelischen Pfarrer und Liedermacher Clemens Bittlinger analysiert er die Zentralaussagen der Kreuzestheologie und transportiert sie in eine lebendige Sprache. Dass dabei auch ökumenische Klänge hörbar werden, verdanken wir dem Reformationsjubiläum von 2017. Bittlinger lieferte dazu das bekenntnishafte Reformationslied: „Dieses Kreuz“. Als…