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Er sagt’s in vollem Glauben
Wenn Amos Oz die Rolle des großen Romanciers des modernen Israels zukam, so war Jehuda Amichai die große lyrische Stimme des Gelobten Landes, das man „nach Touristenführern und Gebetbüchern“ (66) einfach nur lieben kann. Amichai wurde 1924 in Würzburg als Ludwig Pfeuffer geboren. Streng jüdisch-orthodox erzogen, wanderte die Familie bereits 1935 aus, um dem Nazi-Regime lebend zu entkommen. Sein anschließendes Leben verbrachte er in Jerusalem, mit einigen wenigen Unterbrechungen, um etwa in Berkeley oder New York Gastprofessuren für Poetik wahrzunehmen. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte Amichai in der Jüdischen Brigade der britischen Streitkräfte. Diesen Kampf setzte er im Israelischen Unabhängigkeitskrieg fort. Seine Kriegserlebnisse hinterließen bei Amichai tiefgreifende Spuren. So einiges habe…
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Impressionen einer hinfälligen Welt
Ferdinand von Schirach ist ein Meister der geschliffenen Sprache. Seine Gedanken gleichen gläsernen Mosaiksteinen, die das Licht unserer Gedankenwelt aufnehmen, jedoch im anderen Farbspektrum widerspiegeln. In wenigen Sätzen vermag der Dichterjurist die elementaren Fragen des Lebens zu stellen. Im Anschluss an seine vielbeachteten Erzählbände „Verbrechen“ und „Schuld“, komplettiert „Strafe“ die Trilogie zur menschlichen Kontingenz. Die zwölf ornamentalen Prosatücke ergeben zusammengefügt ein differenziertes Bild vom Menschen. Sie verdeutlichen, wie schwer es sein kann, einem Menschen gerecht zu werden, wie voreilig unsere Begriffe von „gut“ und „böse“ oft sind. In Schirachs „Stories“ sitzt der Leser abwechselnd auf der Bank des Staatsanwaltes, des Richters, dann wieder mit dem alles entscheidenden Wissensvorsprung in den…