
Liturgie bei Romano Guardini
Vor genau 100 Jahren lieferte Romano Guardini mit dem Band „Vom Geist der Liturgie“ und dem Faszikel „Von Heiligen Zeichen“ eine programmatische Zusammenfassung der liturgischen Erneuerung, womit er seine eigene Rezeptionsgeschichte untrennbar prägte. 50 Jahre nach Beendigung seines Lebenslaufs und kurz nach Eröffnung des Seligsprechungsprozesses widmet sich eine respektable Anzahl von Publikationen dem Gedächtnis des großen katholischen Religionsphilosophen und Leuchtturms der liturgischen Bewegung.

Das vorliegende Buch streift kursorisch die wichtigsten liturgisch-spirituellen Werke und bietet Einblick in sein umfassendes Œuvre. Nach dem Vorwort der renommierten Guardini-Koryphäe Hanna-Barbara Gerl-Falkovitz (7-16) führen zwei große Abschnitte vom Kirchenjahr (23-130) zu Gebet und Nachfolge (133-220). Dabei spricht Fabian Brands komponierte Textauswahl zentrale Haupt- und Herrenfeste des Kirchenjahres an, die im postchristlichen Europa immer noch den Kalender und somit den Lebensrhytmus der Menschen bestimmen. Darüber hinaus beleuchten Passagen zu den Festtagen Mariens sowie einzelner Apostel die christliche Theologie in Guardinis genuin edler Sprache. Der Glaube erscheint nicht bloß rationalistisch, sondern zutiefst biblisch und somit lebendig, „blutvoll“. Das zweite Kapitel enthält grundlegende Texte zu Gebet, Liturgie, Meditation, Spiritualität und Nachfolge und beschließt mit einem Ausblick in die Endzeit. Auch hier garantiert die überschaubare Länge der einzelnen Passagen u.a. aus den Werken „Der Herr“, „Besinnung vor der Feier der heiligen Messe“ und „Vorschule des Betens“ sowohl die persönliche gewinnbringende Lektüre als auch die vom Herausgeber intendierte Verwendung in Predigt und Ansprachen. Dem Editor ist es mit seiner wohlgesetzten Textauswahl gelungen, den Fokus konzentriert auf die Liturgie und den Verkündigungsdienst der Kirche zu lenken und darüber hinaus fundamentale Texte Guardinis einer breiten Öffentlichkeit wieder neu zugänglich zu machen. Dieses Verdienst verpufft auch dann nicht, wenn der aufmerksame Leser auf den letzten 40 Seiten mehr als ein Dutzend orthographischer Fehler entdeckt und sich die Frage stellt, weshalb der (kontrovers diskutierte) Kreuzweg Guardinis vollständig mit 20 Seiten abgedruckt wird, das Ostergeheimnis jedoch nur mit vier Seiten Erwähnung findet.
Florian Mayrhofer
Guardini, Romano: Das Romano Guardini Gottesdienstbuch. Impulse und Lesetexte, Verlag Herder 2018, 223 Seiten, € 28,- ISBN: 978-3451376139

