Eva-Maria-Parallele

Mariologie steht aus verschiedenen Gründen theologisch unter einem Rechtfertigungsdruck, nicht nur durch Karl Barths heftige Ablehnung als „Wucherung“, sondern auch durch allzu apologetisch und „übertreibend“ formulierte Arbeiten katholischer Autoren. Da ist es erfreulich, die bei Anton Ziegenaus eingereichte umfassende Augsburger Dissertation von Markus Hofmann, seinerzeit Regens des Kölner Priesterseminars, seit März 2018 Kölner Generalvikar, zur seit dem zweiten Jahrhundert belegten „Eva-Maria-Parallele“ anzeigen zu können. Die an die paulinische Adam-Christus-Parallele (Röm 5, 12-21; 1 Kor 15, 20-22) anknüpfende und erstmals von Justin dem Märtyrer und anschließend von Irenäus von Lyon erwähnte typlogische Erwähnung von Maria als „neuer Eva“ ist eine „für die Mariologie entscheidende Weichenstellung“ (A. Ziegenaus) und führt durch die heilsgeschichtliche Sichtweise über eine rein dogmengeschichtliche Betrachtung hinaus. Das macht den Gedanken der Patristik, ähnlich wie die vom Pallottiner Heinrich M. Köster vorgeschlagene heilsgeschichtliche Stellvertretung der Menschheit durch Maria, für aktuelle ökumenische Diskussionen auch mit Protestanten fruchtbar und vermittelbar.

Hofmann behandelt zunächst ausführlich die Eva-Maria-Typologie bei den erwähnten Kirchenvätern und deren selbständige Rezeption vor allem bei Tertullian und Origenes. Der Gedanke einer neuen Eva begegnet bereits im Alten Testament und in einzeln vorgestellten außerkanonischen Schriften der Zeitenwende. Unter den neutestamentlichen Anknüpfungspunkten sticht hervor der Bezug zu Gen 3,15 und die johanneische Rede von der „‚Frau'“ in Kana, unter dem Kreuz und im 12. Kapitel der ‚Offenbarung des Johannes‘ (Apokalypse). Ein weiteres Kapitel der Arbeit behandelt ausgehend von Ephräm dem Syrer die Ausweitung der Eva-Maria-Parallele in die Ekklesiologie, wo sich auch die Verbindung von Maria und Kirche immer mehr zu einer Typologie entwickelt (wie sie dann auch im II. Vatikanum im 8. Kapitel von „Lumen gentium“ zur Geltung kommt). Nach Schilderung häretisch-gnostischer Strömungen, die als Katalysatoren für die Explizierung der Eva-Maria-Typologie gesehen werden können, stellt Hofmann ihre Behandlung durch das kirchliche Lehramt von der Verkündigung des Dogmas von der ‚Unbefleckten Empfängnis‘ im Jahr 1854 bis zu jüngsten Äußerungen Papst Benedikts XVI. dar. Der Verfasser sieht darin ein „theologisches Potential der Typologie“, geht aber leider nicht auf die in diesem Zusammenhang wichtigen systematischen Lehren von großen katholischen Theologen wie John Henry Newman oder Karl Rahner ein. Auch die Frage der mit den Typologien ‚Adam und Eva‘ verbundenen Erbsünde bleibt unbehandelt und hätte den Rahmen der materialreichen Arbeit wohl gesprengt.

Zusammenfassend kann der Verfasser durch seine klar und überzeugend strukturierte Arbeit nachweisen, „dass das Thema Maria, die neue Eva weder in eine abgelegene Nische des theologischen Denkens gehört noch eine antiökumenische Tendenz besitzt. Wird diese Typologie im Sinne der kirchlichen Tradition gedacht, dann ist sie gerade kein Beleg für eine abwertende Sichtweise der Frau oder für eine angebliche Vergöttlichung Mariens“ (531). Maria ist dabei stets ‚“Advocata, d.h. Anwältin Evas, nicht ihre Anklägerin“‚ (530).

Stefan Hartmann

Hofmann, Markus: Maria, die neue Eva. Geschichtlicher Ursprung einer Typologie mit theologischem Potential, Pustet Verlag 2011, 584 Seiten, € 44,95 ISBN: 9783791722948 (= Mariologische Studien 31)

Möge diese Rezension Baustein zur Neuauflage sein.

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